Krankheitsverlauf

In diesem Forum können medizinische Fragen gestellt werden, welche durch den Sjoegrenspezialisten Herr Prof. Dr. Stephan Gadola beantwortet werden. ACHTUNG: Bitte nehmt hier keinen Bezug zu allfälligen Praxisbesuchen bei Herrn Dr. Gadola.
leber08
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Beitrag von leber08 »

Sehr geehrter Herr Dr. Gadola,

Ich schreibe Ihnen als Familienangehöriger. Mein Bruder hat mit 28 Jahren im Mai 2008 eine rechtsseitige Lähmung der Oberlippe bekommen. Diese Lähmung setzte sich über Monate bis November 2008 über die gesamte rechte Gesichtshälfte fort. In Annahme einer Faciallisparese wurde nicht mehr unternommen, als Antibiotika zu geben. Im Dezember kammen Schluckbeschwerden hinzu. Ende Dezember/Anfang Januar wurde bei ihm in der Uniklinik Mainz (Deutschland) eine Kehlkopflähmung festgestellt. Seit Februar ist diese beidseitig. Ebenfalls hat er nun seit Feburar eine Magensonde (Pek) gelegt bekommen. Seit Januar lautet auch eine Arbeitsdiagnose auf Sjögren-Syndrom. Auch wurde im Januar mit der Cortisonbehandlung begonnen. Ebenfalls bekam er fünf Tage am Stück Immuglubine. Seit Freitag den 03.04.09 hat er seine letzte Chemo-Therapie (sechswöchig, jeden Freitag Infusion) hinter sich gebracht. Leider sind alle diese Maßnahmen bisher ins Leere gelaufen. Die Lähmungserscheinungen setzten sich nun im rechten Arm (zuerst Zeigefinger) fort. Er kann aktuell nicht mehr den Arm über Schulterhöhe recken und sein Daumen ist mittlerweile auch stark eingeschränkt. Haben Sie schon einen ähnlichen Verlauf einer Sjögren Erkrankung gesehen und was können Sie mir dazu sagen.
Stephan Gadola
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Beitrag von Stephan Gadola »

Sehr geehrter Angehoeriger (Herr/Frau Leber ?)

Der Krankheitsverlauf Ihres Bruders ist in der Tat sehr ungewoehnlich fuer ein "normales" Sjoegren Syndrom. Koennten Sie mir die folgenden Informationen beschaffen:
1) MRI (Magnetresonanztomographie) des Gehirns, mit Hirnstamm (muss bei diesem Krankheitsverlauf durchgefuehrt worden sein): Am besten Bilder, sonst Bericht.
2) Liquoruntersuchungen (Hirnfluessigkeit, welche bei einer sogenannten Lumbalpunktion gewonnen wird): Sollte ebenfalls bei diesem Krankheitsverlauf durchgefuehrt worden sein
3) Untersuchungen des Blutes, insbesondere folgende Werte: Antikoerper (ANA, anti-dsDNS Antikoerper, SSA/Ro, SSB/La), Complemente (C4 und C3), Senkungsreaktion (BSR), CRP, Blutbild, Leber und Nierenwerte. Untersuchungen auf Infektionen (Viren, Borrelien)
4) Gewebeuntersuchungen: Wurde eine Lippenbiopsie durchgefuehrt ?
5) Schirmertest (misst Traenensekretion)
6) Roentenuntersuchung von Lunge und Herz (Thorax Roentgen)

Insbesondere sehr ungewoehnlich ist der schleichende Verlauf mit langsamer Ausbreitung von der Oberlippe hin zum gesamten Gesicht und dann Kehlkopf. Dies koennte auf einen entzuendlichen oder tumoroesen Prozess im Hirnstamm hinweisen, z.Bsp. eine Sarkoidose, oder eine andere granulomatoese Erkrankung. Es gibt aber eine ganze Anzahl verschiedener Moeglichkeiten, von welchen nur ein Teil rheumatisch-entzuendliche Erkrankungen betrifft. Ich hoffe Ihnen nach Erhalt obiger Angaben etwas besser Auskunft geben zu koennen.

Freundliche Gruesse

Prof.Dr.med. Stephan Gadola
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leber08
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Beitrag von leber08 »

Hallo Her Prof. Gadola,

vielen dank für Ihre prompte Antwort. Ich habe die Unterlagen von meinem Bruder bekommen und werde Ihnen die Fragen beantworten, soweit es mir als medizinischer Laie möglich ist. Zu gesamten Krankheitsgeschichte gibt es mittlerweile ein 34 seitiges Dokument, dass ich Ihnen gerne auch per Email zukommen lasse.

Im vorläufigen Arztbrief vom 23.01. heißt es:
übernahme des Patienten von den Kollegen der HNO Klinik bei Polyneuritis cranialis. Bei klinischer neurologisch zum Aufnahmezeitpunkt bestehnder beidseitiger Facialisparese und Recurrensparese konnte im Rahmen der Bildgebung keine Auffälligkeit gefunden werden. Bei laborchemische erhöhten Autoimmunkörpern (SSA (Ro), SS-B (La), Scl-70) und pathologischem Schirmer-Test wurde der Verdacht auf Polyneuritis cranialis im Rahmen eines möglichen Sjoegren-Syndroms gestellt. Aufgrund einer schweren Dysphagie erfolgt eine PEG-Anlage.

Im zweiten Arztbrief vom 28.02.09 heißt die Diagnose:
V.a. primäres Sjögren-Syndorm mit Polyneuritis cranialis (beteiligung der 5. Hirnnerven beidseits, der 7. Hirnnerven beidseits, des 8. Hirnnervs links, der 9. Hrinnerven beidseits, der 10. Hirnnerven beidseits und des 12. Hirnnervs rechts. Aktuell: 1. Zyklus Cyclophosphamid (einzeldosis 500mg, kumulative Gesamtdosis 500mg) (Anm. der 6. Zyklus war am 03.04.)
Latente Hypothyreose bei Hashimoto-Thyreoiditis
Posturales Tachykardie-Syndrom
Weiter heißt es „in der Zusammenschau der Befunde ist am ehesten von multiplen Hirnnervausfällen im Rahmen eines Sjögren-Syndroms auszugehen. Hiefür sprechen der Nachweis der Antikörper gegen SS-A und SS-B, die eingeschränkte Tränenproduktion im Schirmer-Test, der Nachweis einer eingeschränkten Speciheldrüsensektion in der Speicheldrüsenzintigraphie und lymphozytäre Infiltrate in der Biopsie der Speicheldrüse der Lippeninnenseite, welche mit einer abgelaufenen Sjögren-Sialadenitis vereinbar sind.

Nun zu Ihren Punkten:
1) Sowohl ein Schädel- als auch ein Ganzkörper MRT wurde durchgeführt, jeweils "ohne Befund".
3) Anhand des mir vorliegenden Arztbriefes versuche ich Ihnen die Daten auszulesen: letzter Befund 20.03.09 CRP=2.2; Glucose 177+; GPT (ALAT) 51+; APTT 21,0; FSH 24,6; DHEAS 53-; Neutrophile Granulozyten, 96,1++; Leukozyten 10,6 EVB 15,2 Lympozyten 1,9; Monozyten 2,8;CD 4=24; CD8abs 140; Befund 21.01.09 Scl-70 positiv; SSA (Ro) positiv, SS-B (La) positiv
4) Es wurde eine Biopsie der Mundspeicheldrüse durchgeführt. Die Probe wurde aus der Unterlippe entnommen und wies entzündete Zellen auf.
5) Ein Schirmertest wurde ebenfalls durchgeführt. Das Ergebnis waren jeweils 5 ml pro Auge
6) Röntgenaufnahmen des Thorax wurden auch durchgeführt. Ebenfalls "ohne Befund".

Ich hoffe Ihnen ein paar Informationen geben zu konnten

A.Hofmann
Stephan Gadola
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Beitrag von Stephan Gadola »

Sehr geehrter Herr/Frau Hofmann

Die von Ihnen freundlicherweise zusammengestellten Befunden moechte ich folgendermassen zusammenfassen:
1. Schirmertest 5mm nach 5 min., Speicheldruesenzsinthi vereinbar mit verminderter Funktion, Speicheldruesenbiopsie vereinbar mit Sjogren, SSA/SSB Autoantikoerper positiv:
- Diese Befunde passen in der Tat alle bestens zu einem primaeren Sjoegren Syndrom. Allerdings muss ich noch einmal nachfragen: Hat Ihr Bruder denn auch wirklich Symptome von Augen- und Mundtrockenheit ?
- Auffaellig sind die positiven Scl-70 Autoantikoerper, welche normalerweise bei Systemsklerose und nicht bei Sjogren Syndrom auftreten. Im Kontext einer Hashimoto Thyreoditis und des hohen Blutzuckerwertes (falls ich das richtig gelesen habe) liegt moeglicherweise eine umfassendere Autoimmunerkrankung vor. Sind in Ihrer Familie mehrere Personen von Entzuendungskrankheiten betroffen gewesen ?

2. Das Hauptproblem Ihres Bruders sind die multplen Hirnnervenaussfaelle. Hierzu: schleichender Verlauf, kein Ansprechen auf Immunglobuline, Methylprednisolon, Cyclophosphamid. Hirn CT und Ganzkoerper MRT ohne pathologischen Befund.
- Bei primaerem Sjogren Syndrom sind Entzuendungen von peripheren Nerven (Neuritis, falls mehrere betroffen: Polyneuritis) beschrieben, auch von Hirnnerven. Multiple Hirnnervenentzuendungen sind extrem selten, und meist im Rahmen eines sogenannten Guillain-Barre Syndrom's beschreiben (sogenanntes "Miller-Fisher Syndrom"). Das Guillain-Barre Syndrom kann in Folge einer infektioesen Darmerkrankung auftreten. Dabei kommt es zur Bildung von Auto-Antikoerpern, welche die Hirnnervenscheiden angreifen. Das Guillain-Barre Syndrom ist in der Regel spontan regredient und spricht -auch bei Sjogren Patienten- auf Immunglobuline oft an. Natuerlich dauert es eine gewisse Zeit (Monate) bis sich ein geschaedigter Nerv (beziehungsweise die Nervenscheide) wieder erholt/aufbaut. Aber es bestuende in diesem Falle doch Hoffnung.
- Andererseits moechte ich noch einmal nachfragen ob das Ganzkoerper-MRT auch ein gut aufloesendes MRT des Gehirns, mit Schaedelbasis beinhaltet hat. Das Hirn-CT ist nicht eine gute Methode fuer die Schaedelbasis. Wurde, falls ein gutes Hirn-MRT gemacht worden ist, das MRT am Anfang der Erkrankung gemacht, und falls ja, wurde mittlerweile ein Verlaufs-MRT gemacht (was zu empfehlen waere). Natuerlich wuerde man bei einer peripheren Hirnnervenentzuendung nichts sehen, aber ich denke es ist wichtig ganz sicher zu sein, dass der Hirnstamm, resp. die Hirnregion von welcher die Hirnnerven abgehen, ohne Zweifel normal ist.
Wichtig waere auch zu wissen ob im Hirn (resp. der Hirnfluessigkeit) Autoantikoerper produziert werden, welche fuer die Hirnnervenausfaelle evt. verantwortlich sein koennten. Sehr wahrscheinlich wurde bei Ihrem Bruder eine Liquoranalyse durchgefuehrt (Liquor = Hirnwasser), bei welcher man auf "oligoklonale Banden" testen kann (was wahrscheinlich gemacht wurde).

3. Die von Ihnen angegebenen CD4 und CD8 Zahlen sind nicht ganz klar. Koennten Sie nachschauen ob es sich um absolute Zahlen oder % handelt.

4. Koennten Sie noch nachschauen, nach welchen Viren bei Ihrem Bruder gesucht wurde ( insbesondere : HSV, HIV, HCV), EBV habe ich schon gesehen.

Die Schwierigkeit fuer die Kliniker bei Vorliegen eines Sjogren Syndroms ist, die derzeitige Krankheitsaktivitaet zu bestimmen. Wie oben erwaehnt, ist es moeglich, dass die Entzuendung mittlerweile abgeklungen ist, dann haette eine aggressive Therapie wenig Sinn.

Freundliche Gruesse
Prof.Dr.med. Stephan Gadola
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leber08
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Beitrag von leber08 »

Sehr geehrter Herr Professor Gadola,
vielen Dank für Ihre Antwort, ich werde Ihnen Alle notwendigen Informationen recherchieren. Die Lähmungserscheinungen sind aktuell noch nicht gestoppt und befinden sich jetzt im rechten Arm und Hand. Folgende Information sollte ihnen noch bekannt sein. Unsere Mutter ist vor 21 Jahren im Alter von 35 an einem Kreislaufkollaps aufgrund einer Behandlung einer bei Ihr diagnostizierten ALS gestorben. Aufgrund des einzigen Vorfalls in unserer gesamten Familiengeschichte wurde von der Genetikerin ein direkter Zusammenhang ausgeschloßen. Nach wie vor sind auch die Kliniker nicht von einer ALS ausgegangen und schließen diese Diagnose aus. Nun nochmals zu meinem Bruder, die trockenen Augen bestehen, sind allerdings auch auf die Nervenlähmungen zurückfürbar. Mittlerweile sind die SSA/SSB Autoantikörper negativ. In meiner Familie hat meine Schwester lediglich eine Laktoseunverträglichkeit. Bei mir sind keine Erkrankungen diagnostiziert.
Weitere Infomationen werde ich Ihnen in den nächsten Tagen einstellen.

A.Hofmann
Stephan Gadola
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Beitrag von Stephan Gadola »

Sehr geehrte Frau/Herr Leber

Es ist leider kaum moeglich die Relevanz dieser Familienanamnese (ALS) objektiv zu werten, auch wenn das Vorkommen von zwei sehr seltenen Erkrankungen mit Manifestation im selben "System" (d.h. ZNS, zentrales Nervensystem) natuerlicherweise sehr suggestiv ist. Ich nehme an es ist nicht moeglich brauchbare Unterlagen zur Erkrankung Ihrer Mutter zu finden um die damalige Diagnose kritisch zu hinterfragen ?

Das Verschwinden der SSA/SSB Autoantikoerper ist ungewoehnlich, da diese Autoantikoerper in der Regel nicht mit der Krankheitsaktivitaet korrelieren (Ich nehme an, dass die SSA/SSB vorher mehrmals getestet und bestaetigt worden waren). Sind andere Autoantikoerper (SCL-70, ANA) ebenfalls negativ ? Falls ja gilt es nun umsomehr zu wissen ob die Antikoerperproduktion im ZNS ebenfalls sistiert hat.

Freundliche Gruesse
Prof.Dr.med. Stephan Gadola
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leber08
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Beitrag von leber08 »

Hallo Herr Professor Gadola,
die CD4 / CD8 Werte waren vom 26.02. und sind 24% (CD4) und 22% (CD8) gewesen zusätzlich waren CD4abs 156 cells/ml und CD8abs 140 cells/ml. Auch in diesem Befund waren die SSA und SSB und Scl-70 negativ. Der erste Befund mit den positiven Antikörper war vom 13.01..
Die Anfrage wegen dem Hirn-MRT steht noch aus, versuche die Daten zu organisieren. Weiterhin tippe ich Ihnen nochmals alle Werte der blutuntersuchnung vom 27.03. ab damit ich nichts vergesse:
Natrium: 140 mmol/l; Kalium 3.9 mmol/l; Calcium 2.42 mmol/l; Creatinin 0.83 mg/dl; Harnsauere 6.2 mg/dl; GPT (ALAT) 51 U/l; GOT (ASAT) 31 U/l; Alkalische Phosphate 59 U/l; gamma-GT 31 U/l; Gesamt-Bilirubin 0.84 mg/dl; Lipase 15 U/l; CK 35 U/l; CRP 1.6 mg/dl; Glucose 177 mg/dl; Gesamt-Eiweiß 70 g/l; TSH 0.58 mU/l; fT4 0.9 ng/dl; T3 0.8 ng/dl; Tryglyzeride 81 mg/dl; Cholesterin 195 mg/dl; HDL 74 mg/dl; LDL 105 mg/dl; LDL/HDL Quotient 1.4; Quick 109 %; INR 0.9; APTT 21,0 sec; Fibrinogen (abgeleitet) 296 mg/dl; Leukozyten 13 /nl; Erythrozyten 4.80 g/dl; Hämoglobin 15.2 g/dl; Hämatokrit 42.7 %; MCV 88.9 fl; MCH 31.7 pg;MCHC 35.6 g/dl; EVB 14.7 %; Thrombozyten 338 /nl; MTV 7.7 fl; Neutrophile Granulozyten 96.1 %; Lymphozyten 1,2%; Monozyten 2.2%, Eosinophile Granulozyten 0.1 %; Basipohile Granulozyten 0.1 %; Cortisol 8.8 mg/dl; LH 4.13 IU/l; FSH 24.6 IU/l ; Prolaktin 13.1 ng/dl; Östradiol 12.7 pg/ml; DHEAS 53 Mg/dl; Progesteron <0.10 mg/ml
leber08
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Beitrag von leber08 »

Fortsetzung Blutwerte:
Vitamin b12 589 pg/ml; Folsauere 18.4 ng/l; sowie folgende hinweise: Quick = hämolytisch; INR = Hämolytisch; APTT =hämolytisch
Leider sind zum Krankheitsverlauf unserer Mutter keine Daten mehr vorhanden. Mitte Mai befindet sich mein Bruder auf dem Sjögren-Tag in der Charite' in Berlin.
In der HNO in Mainz wurde am 08.01.09 ein CT-Felsenbein und MRT-Schädel vorgenommen welcher aber nicht wegweisend war. Autoantikörper sind ebenfalls negativ bei RNP/sm; Sm; CENP-AK; Jo-1!
Melde mich sobald ich mehr Informationen bieten kann (speziell Hirn-MRT)
A.Hofmann
Stephan Gadola
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Beitrag von Stephan Gadola »

sehr geehrte Frau/Herr Hofmann

Bezgl. Laborwerte habe ich keine spezifischen Befunde gesehen, ausser vieleicht dass die CD4 und CD8 Zellen zusammen <50% ausmachen, was etwas wenig scheint. Haben Sie diesbezueglich die Normwerte des Labors und wurden auch andere Lymphocyten Populationen gemessen ?
Es fehlt eine BSR (Basale Senkungsreaktion) welche bei Autoimmunkrankheiten, insbesondere Sjogren, normalerweise deutlich erhoeht ist trotz normalem CRP. Koennten Sie nachschauen ob ein BSR Wert (wird in mm/Stunde oder mm/h angegeben) verfuegbar ist.
Dann warten wir mal auf das MRT Schaedel, welches ja vor bereits 3 Monaten gemacht worden war.
Koennten Sie Ihren Bruder noch fragen ob im Zeitraum von 2-4 Wochen vor Auftreten der ersten Symptome eine Durchfallerkrankung, Erkaeltung, oder sonstige Infektion bestand ?

Freundliche Gruesse aus England
Prof.Dr.med. Stephan Gadola
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leber08
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Beitrag von leber08 »

Hallo Herr Professor Gadola,
zunächst zum speziellen Hirn-MRT. Bei seinem letzten Aufenthalt vor der Chemo wurde ein hochauflösendes MRT vom Schädel veranlasst. Das Ergebnis da war auch ohne Befund. Der Professor sprach von einer Aufnahme wie aus einem Lehrbuch. Dann zu der Infektion. Im April 2008 war mein Bruder in Österreich zum Ski fahren. Dort hatte hatte er sich einen Grippe ähnlichen Infekt eingefangen. Es hat sich so
geäußert dass er nach dem Abendessen auf einmal einen kleinen Kreislauf zusammenbruch hatte. Ihm wurde schwarz vor Augen so dass er sich hinlegen musste. In der Nacht kletterte seine Temperatur auf fast 40°C. Am nächsten Tag war er beim Arzt der ihn mit Paracetamol
ins Bett schickte. Nach ein bis zwei Tagen war das ganze dann auch
abgeklungen. Die ersten Symptome seiner Krankheit begannen aber erst im Mai 2008 mit den Lähmungserscheinungen in der rechten Lippe.
Er ist ab Donnerstag wieder in der Uniklinik, dort werde ich versuchen, Ihre austehenden Fragen zu klären.
MfG A.Hofmann
Stephan Gadola
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Beitrag von Stephan Gadola »

Sehr geehrter Herr Hofmann

Das "timing" des Infekts ca. 3-4 Wochen zuvor (April) koennte sehr gut zum Ausbruch der ersten Symptome der Erkrankung (Mai) passen, ein Zusammenhang zwischen der offenbar deutlichen Stimulierung des Immunsystems im April und den ersten Symptomen im Mai bleibt aber (leider) spekulativ. Die Initiierung und Produktion von Autoantikoerpern dauert ungefaehr so lange. Beim Guillain-Barre Syndrom, bei welcher (wie vorher bereits erwaehnt) die Sonderform des Miller-Fisher Syndroms (Entzuendung multipler Hirnnerven) vorkommt, besteht bei einem Teil der Patienten ein eindeutiger Zusammenhang zwischen einem gastrointestinalen Infekt (Campylobacter; kann auch ohne Durchfall ablaufen,macht aber sehr haeufig krampfartige Bauchschmerzen) und der Erkrankung (Abstand von 3-4 Wochen). Der Mechanismus hierfuer ist bekannt als "Mimikry": Das Immunsystem produziert Antikoerper gegen die Campylobacter Bazillen, aber diese Antikoerper kreuzreagieren mit Nervengewebe und fuehre so zum Schaden. Ein aehnlicher Mechanismus koente bei Ihrem Bruder stattgefunden haben, aber dies nachzuweisen kann sehr schwierig bis unmoeglich sein. Bei einigen Patienten mit Guillain-Barree Syndrom wirken Immunglobuline gut, aber eben nur bei einem Teil.

Sollten saemtliche Laborbefunde normal werden, die Klinik aber weiterhin progredient (und nicht im Sinne einer ALS), wuerde ich deshalb folgendes vorschlagen (von immunologischer Seite): a) Diagnostik: Liquoranalyse (oligoklonale Banden; Hirnspezifische Antikoerper; SSA/SSB; complemente); Eine serologische Untersuchung auf Campylobacter koennte, falls nicht schon gemacht, schon jetzt gemacht werden; Verlaufs-MRT; b) Therapeutisch: Falls Hinweise auf eine Aktivierung des Immunsystems bestehen dann empirische Immunsuppression (dazu mehr spaeter).

Freundliche Gruesse
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Beitrag von leber08 »

Hallo Herr Professor Gadola,
zu Ihrer Information die aktuelle Therapie und deren Verlauf: Seine Hasimotothyreoiditis besteht seit 12/07 und er bekommt dagegen 175 mug L-Thyroxin) Nach Überweisung aus der HNO zur Neurologie wurde
im Februar mit einer Hochdosiskortisonstosstherapie mit Decortin H 2g/d i.v. 3 Tagen und dann eine immunsupressive Therapie mit wöchentlichen Cyclophophamid-Infusionen über 6 Wochen durchgeführt wobei die letzte Anwendung am 03.04. abgeschloßen war. Zusätzlich bekommt er noch weiterhin Decortin 100 mg/d.
Viele Grüße A.Hofmann
leber08
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Beitrag von leber08 »

Ergänzung: Außerdem nimmt er seit 4 Wochen 2x 500mg/d CellCept

Hallo Herr Professor Gadola,
am morgigen Donnerstag werde ich mit meinem Bruder erneut in der Uniklinik Mainz zu einer aktuellen Untersuchung sein. Bei dieser Untersuchung werde ich versuchen, alle von Ihnen benötigten Informationen besorgen.
- Leber- und Nierenwerte
- Virentests
- ggfs. Nachfrage Verlaufs-Hirn -MRT
- Check ob Antikoerperproduktion im ZNS ebenfalls sistiert
- Basale Senkungsreaktion
- Liquoranalyse (oligoklonale Banden; Hirnspezifische Antikoerper; SSA/SSB; complemente);
- Eine serologische Untersuchung auf Campylobacter

Ich hoffe keine Untersuchung vergessen zu haben und hoffe ihnen am Freitag, bzw. Anfang Montag neue Daten liefern zu können.
Mit freundlichen Grüßen
A.Hofmann
Stephan Gadola
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Beitrag von Stephan Gadola »

Sehr geehrter Herr Hofmann
Dank fuer die Infos. Die Liste mit den Untersuchungen ist vollstaendig.
Ich hoffe es wird Ihrem Bruder bald wieder etwas besser gehen.

Freundliche Gruesse
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Beitrag von leber08 »

Hallo Herr Professor Gadola,
aktuell hat sich der Krankheitsverlauf meines Bruders verschlechtert. In der Klinik hatten wir nicht die Möglichkeit ein hochauflösendes MRT zu bekommen, da der Apparat defekt ist. Nun wollen wir das in der Charite nachholen. Mittlerweile werden die Cortisontabletten ausgeschlichen und sind auf 50mg p.T. reduziert. Weiterhin gibt es keine eindeutige Diagnose. Beim Blutbild vom 8.4. stellte sich ein Herpes Antikörper heraus, der aber alt war. Kann ein bereits alter Herpes Antikörper für diese Lähmungserscheinungen verantwortlich sein? Auch eine Infektion im Magen-Darm-Trakt wurde von uns bei den Medizienern angegeben und von diesen nicht ausgeschloßen. Sollte man nochmals eine Magenbiopsi machen um von dort nochmals den Anhaltspunkt einer Infektion nachweisen zu können ? Die Untersuchen der Nervenbahnen ergab woll ein Rückgang der Nervenaktivitaät auch im linken Arm und rechten Bein. Haben Sie noch eine Idee, worauf dies zurückzuführen ist? Mittlerweile sind die medizinischen Anwendungen erschöpft und er befindet sich in einer Klinik, die den Magen als Zentrales Nervensystem wiederherrstellen wollen um von dort das Immunsystem zu aktivieren.
Viele Grüße
A.Hofmann

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