Schub?

In diesem Forum können medizinische Fragen gestellt werden, welche durch den Sjoegrenspezialisten Herr Prof. Dr. Stephan Gadola beantwortet werden. ACHTUNG: Bitte nehmt hier keinen Bezug zu allfälligen Praxisbesuchen bei Herrn Dr. Gadola.
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nuppi
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Schub?

Beitrag von nuppi »

Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Gadola

Da sich mein Gesundheitszustand in letzter Zeit verschlechtert, möchte ich Ihnen gerne kurz mein Krankheitsbild schildern und Sie um ein Feedback bitten.

Diagnosen:
1. Primäres Sjögren-Syndrom (wurde 2009 diagnostiziert)
- ANA 1 : 2560
- SS-A 144 U, SS-B 39 U
- Rheumafaktor hochtitrig positiv
- Status nach Plaqueniltherapie mit Ansprechen bezüglich Arthralgien, Stopp wegen insgesamt zu wenig guter Wirkung

2. Status nach Hepatitis B

Jetzt wurde nochmals das Labor abgenommen:
CRP normal, Blutsenkung 30, ANA 1280
die anderen Werte waren im normalbereich.

Immer wieder habe ich paar Tage pro Monat an denen ich mich richtig "krank" fühle. Es fühlt sich an wie ich eine Grippe hätte. Meistens aber ohne Fieber.
Zudem habe ich häufig eine starke Müdigkeit und manchmal Gelenkschmerzen in Finger / Zehen.
Trockener Mund und v.a. sehr trockene Augen - brauche Lacrycon Augentropfen mehrmals täglich.

Diesen Monat war es ganz schlimm. Anfang Mai hatte ich paar Tage Fieber und Erkältung. Danach fühlte ich mich noch eine längere Zeit schlapp. Am 19.5. - 27.5. war ich wieder krank mit Fieber (38 - 39 Grad).
Es dauert immer lange, bis ich mich wieder erholt habe.

Meine Frage:
- ist das hier im Mai ein Schub oder ein viraler Infekt oder eine Kombination?
- was gibt es für Therapiemöglichkeiten? (Plaquenil hat mir zu wenig gebracht.)

Jetzt schon herzlichen Dank für Ihre Antwort und freundliche Grüsse
nuppi
Stephan Gadola
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Beitrag von Stephan Gadola »

Sehr geehrte Nuppi,

Plaquenil ist leider bei primärem Sjögren nicht wirksam. Ob es sich bei Ihrer kürzlich durchgemachten Verschlechterung um einen viralen Infekt oder einen Schub des Sjögren Syndrom's gehandelt hat ist - insbesondere aus der Ferne - nicht sicher zu beurteilen. Extreme Müdigkeit und Schwäche sowie geschwollene Lymphknoten gehören auch zum Sjögren Syndrom und zeigen eine hohe Aktivität an.

Falls im letzten Jahr noch nicht gemacht würde ich Ihnen empfehlen die Immunglobuline (Serumelektrophorese) durchführen zu lassen. Sind Ihre Speicheldrüsen (Ohrspeicheldrüse) in den letzten Monaten grösser geworden?

Bezgl. Behandlung könnte an einem Uni Zentrum (sind Sie in Deutschland oder der Schweiz?) eine Therapie mit Rituximab versucht werden was in einigen Fällen sehr gut wirkt. Falls Sie mehr Infos brauchen lassen Sie es mich wissen.

Mit freundlichen Grüssen

Prof. Dr.med. Stephan Gadola
nuppi
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Beitrag von nuppi »

Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Gadola

Vielen Dank für Ihre sehr schnelle Antwort! Das hat mich sehr gefreut.

Meine Ohrspeicheldrüsen finde ich nicht stärker geschwollen. Aber meine anderen Lymphknoten am Hals sind geschwollen und schmerzhaft.

Ein paar Immunglobuline wurden im März 14 untersucht:
FLCKAPPA freie Kappa-LK im Serum: 43
FLCLAMDA freie Lambda-Lk im Serum: 26,8
FLCQUOT Quotient: 1,6

IGA-EL Immunglobulin A: 6,03
IGG-EL Immunglobulin G: 16,4
IGM-EL Immunglobulin M: 2.25

Sind das diese Immunglobuline, welche Sie meinten?

Ich wohne in der Schweiz und werde bei der nächsten Kontrolle in der Rheumatologie die Therapie mit Rituximab ansprechen.
Wie wäre Ihre Empfehlung zur Dosierung?

Nochmals vielen herzlichen Dank für Ihre nicht selbstverständliche Unterstützung und Ratschläge!
Freundliche Grüsse
nuppi
Stephan Gadola
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Beitrag von Stephan Gadola »

Sehr geehrte nuppi,

Danke für die Werte, welche vereinbar sind mit stark erhöhter Aktivität ihres primären Sjögren Syndroms, insbesondere das hohe IgA und die stark erhöhten freien Leichtketten (Free Light Chains, FLC; Kappa, K, und Lambda, L). Der Quotient aus Kappa:Lambda (FLCK:FLCL) ist ebenfalls grenzwertig erhöht.

Die Werte sollten auf jeden Fall im Auge behalten werden. Bei unverändertem Zustand würde ich in 3-4 Monaten nochmals messen lassen, bei Verschlechterung früher.

Für die Rituximab Dosis wird meist eine Dosis von 2x 1g i.v. im Abstand von 2 Wochen (als Infusion) gegeben (alternatives Schema ist 4 x 375mg i.v. im Wochenabstand). Eine kürzlich veröffentlichte Studie in einem Patienten hat guten Erfolg mit einer Kombination zweier Medikamente (Belimumab, ebenfalls ein Antikörper, und Rituximab) gezeigt. Allerdings sind diese Therapien bei Sjögren Syndrom derzeit nicht zugelassen, und der Rheumatologe müsste bei der Krankenkasse ein Gesuch einreichen.

Ich wünsche Ihnen alles Gute, und stehe natürlich für weitere Fragen zur Verfügung.

mit freundlichen Grüssen

Prof.Dr.med. Stephan Gadola
nuppi
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Re: Schub?

Beitrag von nuppi »

Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Gadola

Vielen Dank für Ihre Antwort! Ihre Unterstützung ist sehr wertvoll für mich.

Vor 3 Wochen konnte ich nochmals zu meinem Rheumatologen. Wir haben meine Situation wieder besprochen.
Mit dem Rituximab will er noch nicht beginnen - wird nicht von der Kasse übernommen und ist sehr teuer.
Jetzt habe ich einen Versuch mit Methotrexat gestartet. 7,5 mg 1. Wo. / 10 mg 2. Wo. / ab 3. Woche 1 x 15 mg.
Im Oktober besprechen wir, ob es für mich relevante Verbesserungen gibt.

Mir sind noch folgende Fragen in den Sinn gekommen:
- Kann man die Aktivität des Sjögrens irgendwie objektiv messen oder nur subjektiv?
- Wie ist Ihre Erfahrung mit der Behandlung mit Methotrexat bei Sjögren?

Vielen Dank für Ihr Feedback und freundliche Grüsse
nuppi
Stephan Gadola
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Re: Schub?

Beitrag von Stephan Gadola »

Sehr geehrte Nuppi,

Die Aktivität des primären Sjögren Syndrom's kann man objektiv auf verschieden Art und Weise messen. Für klinische Studien hat sich der sogenannte ESSDAI score durchgesetzt, welcher verschiedene "Domänen" erfasst, z.Bsp. Lymphknotenvergrösserungen, konstitutionelle Symptome (z.Bsp. Fieber), Blutveränderungen, u.a.

Man kann Methotrexat versuchen, oder auch Azathioprin. Für beide gibt es Hinweise, dass sie manchmal therapeutisch wirksam sein können. Aufgrund der Trockenheitssymptome bei Sjögren Syndrom, welche ALLE Schleimhäute betreffen kann (auch Darm), sollte auf jeden Fall Folsäure in ausreichender Menge zum Methotrexat gegeben werden. Am besten schon vorher damit anfangen, und während Methotrexatbehandlung Folsäure 1x/Woche 1-2 Tage nach Methotrexat, und in gleicher Dosis wie Methotrexat verabreicht.

mit freundlichen Grüssen

Prof.Dr.med. Stephan Gadola
nuppi
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Re: Schub?

Beitrag von nuppi »

Sehr geehrter Herr Prof. Gadola

Von Juni 2014 bis April 2015 habe ich Methotrexat & Folsäure genommen. Mit dem Medikament ging es mir ein bisschen besser. Die Schübe waren kürzer aber noch vorhanden und ich hatte mehr Energie. Da ich aber nur mässig auf das Methortrexat reagierte, habe ich es letztes Jahr abgesetzt. Danach habe ich mit regelmässiger Akupunktur meinen Körper unterstützt.
Jetzt finde ich meine Situation nicht mehr zufriedenstellend. Ich habe immer wieder Schübe und meine körperliche Leistung hat abgenommen.
In der Jahreskontrolle der Rheumatologie wurde mir vorgeschlagen ev. mit dem Medikament Arava (Leflunomid) einen Versuch zu starten.
- Wie sind ihre Erfahrungen mit diesem Medikament bei Sjögren?

Jetzt habe ich seit zwei Wochen einen Schub. Es hat angefangen mit "grippigem" Gefühl, schmerzhaften & geschwollenen Drüsen am Hals und Backen beidseits. Zu Beginn hatte ich 10 Tage erhöhte Temperatur. Die Körpertemperatur ist jetzt wieder normal. Zudem sehr trockener Mund. Die Leistungsfähigkeit ist stark reduziert, schon kleinste Aktivitäten (Duschen, Kochen,...) sind eine extreme Anstrengung und ich fühle mich immer noch krank. Die Drüsen sind immer noch aktiv und druckdolent.

Ich denke, um das ganze zu beruhigen, werde ich wieder mit einem Basismedikament einen Versuch starten. Was meinen Sie dazu?
Wäre es auch möglich zu Beginn eines Schubes kurz Cortison zu nehmen?

Vielen Dank für ihre Antwort und freundliche Grüsse
nuppi
Stephan Gadola
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Re: Schub?

Beitrag von Stephan Gadola »

Sehr geehrte Nuppi,

Es tut mir leid zu hören, dass es Ihnen wieder schlechter geht.
Ein Versuch mit einem Steroidstoss macht in dieser Situation Sinn, z.Bsp. beginnend mit 20mg Prednison (pro Tag) über 3-4 Tage, dann abbauend (rasch) von 15mg auf 10mg (pro Tag).
Ihr Rheumatologe (oder Internist) vor Ort wird Ihnen dazu sicher ein Schema geben können.
Falls Ihre Speicheldrüsen deutlich schmerzhaft sind würde ich Ihnen empfehlen sich auch möglichst bald beim HNO Arzt vorzustellen für ein Ultraschall der Ohrspeicheldrüsen. Gegegebenenfalls wären, je nach Beurteilung des HNO Arztes auch Antibiotika angebracht.

Mit Leflunomid könnte ggf. nach dem Steroidstoss begonnen werden. In kontrollierten Studien hat Leflunomid keinen eindeutigen Effekt gezeigt, aber für Methotrexat sind die Daten auch nicht viel besser.
Welche Nebenwirkungen haben Sie unter Methotrexat verspürt? ...und haben Sie Methotrexat als Tablette oder Spritze unter die Haut eingenommen?

Wie bereits früher angesprochen wäre ein Versuch mit Rituximab zu erwägen. Die Kostengutsprache bei der Krankenversicherung sollte hierfür am besten durch eine Uniklinik, z.Bsp. Rheumatologie USZ (Zürich) oder Rheumatologie Inselspital (Bern), beantragt werden, dann besteht durchaus die Möglichkeit einer Kostenübernahme durch die Krankenkasse.

Freundliche Grüsse und gute Besserung

Prof.Dr.med. Stephan Gadola
Gesundheitszentrum Allschwil
nuppi
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Re: Schub?

Beitrag von nuppi »

Guten Abend Herr Prof. Gadola

Vorerst vielen Dank für Ihre stets prompten Antworten. Ich schätze das sehr.

Das Methotrexat habe ich gespritzt und gut vertragen. Nur manchmal nach der Spritze hatte ich einen komischen Bauch.
Nach mehreren Monaten habe ich es abgesetzt damit ich sehe wie es mir ohne Medi geht.

Am Montag habe ich Kontrolle und danach werde ich mir gut überlegen, mit welchem Medikament ich starten werde.

Nochmals besten Dank und freundliche Grüsse
nuppi

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