Schädigung Speicheldrüsen durch Antidepressiva?

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Jani
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Schädigung Speicheldrüsen durch Antidepressiva?

Beitrag von Jani »

Sehr geehrter Herr Prof. Dr. med. Gadola,

ich leide seit Anfang Dezember unter extremer Mundtrockenheit, die sich in den letzten Tagen noch weiter verschlechtert hat.. Zunge und Lippen brennen auch, es ist mittlerweile kaum noch Speichel vorhanden. Auch eine Nasen- und Augentrockenheit liegt vor, wobei die Augen am wenigsten belasten.

Zur Vorgeschichte ich habe im Dezember für 31 Tage 2 Antidepressiva (Mirtazapin und Trazadon) hintereinander, also nicht zusammen, eingenommen. Unter der Einnahme entwickelte sich sofort eine extreme Trockenheit des Mundes. Ich hatte zuvor noch nie ein Problem mit Mundtrockenheit. Auch die Nase wurde trockener. Vorher nahm ich einige Monate Quetiapin, hierbei keine Probleme.

Auch nach Absetzen der Medikamente vor über 2 Monaten hat sich diese Trockenheit nicht zurück gebildet, im Gegenteil, der Speichel wird weniger und ist schaumig. Ich bekomme nun sogar Probleme beim Essen.

Der aufgesuchte HNO Arzt bestätigte die extreme Trockenheit, Der Ultraschall und Abstrich im Mund war vor ein paar Wochen unauffällig. Die Ohrspeicheldrüsen geben aber auf Druck/ Massage sehr wenig Speichel ab, das wurde diese Woche getestet.

Ebenfalls erfolgte eine Vorstellung beim Rheumatologen
SS-A SS-B, CRP, IGG, IGA, IGM, ANA-Hep2, U1snRNP-AK, Sm-AK, Scl-70-AK, Jo-1-AK, GPT, GOT waren unauffällig.

Die Symptomatik ist massiv belastend sowohl Tagsüber aber auch besonders nachts. Ich habe seit dem starke Schlafstörungen. Schlafe sehr oft nur 2-3 Stunden augrund der Trockenheit. Werde ständig wach und muss trinken um etwas zu befeuchten, dadurch oft zur Toilette, Durstgefühl ist aber normal ausgeprägt. Sprays und Gels helfen nicht und vertrage ich auch schlecht wegen der Inhaltstoffe. Meine Lebenqualität ist massiv eingeschränkt. Dazu die belastende Ungewissheit.

Ärtzlicherseits fühle ich mich ehrlich gesagt etwas allein gelassen. Bislang erfolgte lediglich ein Ultraschall der Speicheldrüsen und eine Blutuntersuchung und ich habe Sorge, dass zu wenig in Richtung Ursachenforschung unternommen wurde. Der HNO Arzt sagte man könne nichts machen und der Rheumatologe sei zuständig. Beim Rheumatologen bin ich ja gewesen und die Blutwerte waren unauffällig. Auf mein Drängen habe ich nun einen ambulanten Termin in der HNO Klinik. Der HNO Arzt sprach dann noch die Biopsie als Mittel der Ursachenforschung an. Beim Rheumatologen werde ich morgen nochmal vorstellig.

Meine Fragen:
Die für mich wichtigsten Fragen sind, was neben der Biopsie noch an Untersuchungen vorgenommen sollte, sowohl rheumatologisch als auch im HNO Bereich?
Was könnte als Ursache in Frage kommen? Kann eine Schädigung der Speicheldrüsen durch die Medikamente erfolgt sein (der Hausarzt äußerte die Vermutung einer irreversiblen Intoxikation)? Befürworten Sie auch die Biopsie, ist es egal ob Lippe oder Ohrspeicheldrüse?

Vielen Dank für Ihre Mühe und Viele Grüße
Stephan Gadola
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Re: Schädigung Speicheldrüsen durch Antidepressiva?

Beitrag von Stephan Gadola »

Sehr geehrte Jani,

Dass Antidepressiva eine bleibende Schädigung der Speicheldrüsen verursachen ist mir nicht bekannt.
Andererseits ist Mundtrockenheit mit vielen Zuständen und Medikamenten (normalerweise nur solange Gebrauch) assoziiert.

Wenn ich richtig verstehe besteht ihre Mundtrockenheit noch nicht sehr lange, d.h. weniger als 1 Jahr.
Inwieweit die gängigen Diagnostikmethoden so kurz nach Auftreten der Symptome verlässlich sind ist nicht ganz klar - denn die Diagnose eines Sjögren Syndroms wird oft erst 3 oder mehr Jahre nach Auftreten der Symptome gestellt. Zum Abklärungsprogramm gehören nebst den Rheuma-Werten (welche bei Ihnen negativ waren) auch Untersuchungen auf Virusinfektionen (z.B. Hepatitisviren).

Falls Sie (zumindest kurzdauernden) Speichelfluss durch Zitronensaft auslösen können, oder Kaugummikauen die Speichelmenge erhöht, dann könnte dies für eine eher funktionelle Störung der Speicheldrüsen sprechen. Sollte bei Ihnen gar kein Speichelfluss auslösbar sein, dann käme ggf. eine Biopsie (auch bei unauffälliger Ultraschalluntersuchung) in Frage - wobei es meiner Meinung nach mehr Sinn macht eine Nadelbiopsie der grossen Speicheldrüsen (Parotis oder Gl.submandibularis) von einem erfahrenen HNO Arzt durchführen zu lassen.

Ich hoffe Ihnen mit diesen Angaben etwas gedient zu haben.

Freundliche Grüsse,
Prof.Dr.med. Stephan Gadola
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Prof.Dr.med. Stephan Gadola
Professor of Immunology & Consultant in Rheumatology, University Hospital Southampton,
Southampton, UK
Jani
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Re: Schädigung Speicheldrüsen durch Antidepressiva?

Beitrag von Jani »

Sehr geehrter Herr Prof. Dr. med Gadola,

ganz lieben Dank für Ihre schnelle Rückmeldung.

Auf Viruserkrankungen wurde noch nicht untersucht.

Mit Kaugummi erhöht sich der Speichelfluss etwas. Auch so ist etwas Speichelfluss vorhanden aber sehr, sehr wenig und schaumig. Ich habe den Eindruck, dass es sich weiter verschlechtert. Der HNO Arzt sprach vom Sicca Syndrom und Verdacht auf Sjörgen.


Was genau bedeutet funktionell? Heißt das, dass die Speicheldrüsen an sich in Ordnung sind und die Trockenheit eine psychische Ursache hat? Dann wäre der Zustand zumindest reversibel?

Zu ergänzen wäre bei noch, dass ich auch unter Sodbrennen leide. Bei den Blutwerten stand noch bei Jo-1-AK der Wert 0,1 kA
Kann anhand der vorliegenden Blutwerte das Vorliegen anderer Rheumatischer Erkrankungen ausgeschlossen werden? Ich hatte gelesen, dass z. B. eine Sarkoidose auch Mundtrockenheit verursachen kann.
Was die Biopsie betrifft, wäre sie zum jetzigen Zeitpunkt zu früh um mögliche Veränderungen zu zeigen? Die Beschwerden bestehen seit 3,5 Monaten. Kann die Speicheldrüse durch die Biopsie Schaden nehmen?

Was ich bei mir ungewöhnlich finde ist ,dass diese massive Trockenheit mit Einnahme der Antidepressiva von jetzt auf gleich auftrat und nicht mehr verschwand.

Ich danke Ihnen sehr für Ihre Unterstützung, das ist nicht selbstverständlich. Viele Grüssew
Jani
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Re: Schädigung Speicheldrüsen durch Antidepressiva?

Beitrag von Jani »

Noch ein Nachtrag , der Speichelfluss liegt unstimuliert bei 0,5 ml pro Minute
Stephan Gadola
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Re: Schädigung Speicheldrüsen durch Antidepressiva?

Beitrag von Stephan Gadola »

sehr geehrte Jani,
funktionell bedeutet, dass kein Strukturschaden ursächlich ist. Dies ist in den allermeisten Fällen von Mundtrockenheit, zB auch bei Medikamenten-induzierter Trockenheit so.
Eine Sarkoidose könnte ggf mit einem Röntgen der Lungen diagnostiziert werden - ist aber sehr selten die Ursache einer Mundtrockenheit.
Mit einer Biopsie würde ich bei unauffälligem Ultraschall und negativen Rheumawerten (Jo-1 auch negativ bei Ihnen) zuwarten, zumal Ihr unstimulierter Speichelfluss mit 0.5ml gar nicht so schlecht ist.

Freundliche Grüsse
Prof Dr.med. Stephan Gadola
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Jani
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Re: Schädigung Speicheldrüsen durch Antidepressiva?

Beitrag von Jani »

Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Gadola,

bezüglich des Speichelflusses habe ich mich vertan. Es sollte heißen 0,5 ml innerhalb 15 Minuten!. Das entspräche dann 0,03 ml pro Minute! Gerade eben sind in 15 Minuten gerade mal 0,3 ml zusammen gekommen, also 0,02 ml pro Minute. Es kommt also kaum etwas zusammen und der Speichel ist extrem schaumig.

Die Zunge zeigt in der Nacht Risse durch die Trockenheit und seit 2 Wochen habe ich massives Sodbrennen dazu, was sogar sitzend aufsteigt. Vielleicht auch ausgelöst durch den fehlenden Speichel? Der Leidensdruck ist enorm, da sich die ganze Symptomatik auch auf den Schlaf extrem negativ auswirkt. Oft nur 2-3 Stunden oder sogar weniger, mit vielen Unterbrechungen, wo ich etwas trinken muss.

Ich frage mich, was da bei passiert sein könnte, da ich vor der Medikamenteneinnahme im Dezember keinerlei Probleme hatte. Ich habe z.B. gerne Zwieback zum Frühstück gegessen ohne Probleme. Ich hatte am 10.11.22 noch eine Impfung gegen Corona fällt mir ein.

Haben Sie vielleicht noch irgendeine Idee an wen ich mich wenden könnte oder was untersucht werden könnte um Licht ins Dunkel zu bringen um eventuellauch eine Behandlung einleiten zu können? Ich bin wirklich extrem verzweifelt und weiss nicht, wie es weiter gehen soll. Wie können Speicheldrüsen ohne Strukturschaden so massiv ihre Funktion einstellen?

Herzlichen Dank und viele Grüße
Brigitta
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Re: Schädigung Speicheldrüsen durch Antidepressiva?

Beitrag von Brigitta »

Sehr geehrte Jani,

Leider muss ich Ihnen mitteilen, dass Ihr Fragekontingent aufgebraucht ist.

Freundliche Grüsse

Brigitta
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